Abschied nehmen

Meine kleine Amazone, ich musste vor wenigen Tagen Abschied von dir nehmen.

Der Abschied: ‚Gehen lassen‘ als Entscheidung

Dich gehen zu lassen und von dir Abschied zu nehmen ist eine Entscheidung. Ich habe diese  für dich getroffen, weil ich es tun kann und auch muss.

Als ich dich vor über 14 Jahren in mein Leben geholt habe, habe ich Verantwortung übernommen.

Ich war ab diesem Tag dafür zuständig, dass es dir gut geht. Es war meine geliebte Pflicht, dich beim Hund-Sein zu begleiten. Ich war dafür zuständig, dass du glücklich sein konntest und gesund warst. Meine Aufgabe war es, dich vertrauensvoll zu führen, deine Lebensumwelt zu bereichern, sowie deine Bedürfnisse zu kennen und Grenzen zu akzeptieren.

 

 

 Du hast es mir so leicht gemacht.

Du bist mit großen Unsicherheiten und Ängsten zu mir gekommen, doch die hast du schnell überwunden. Aus dir wurde eine sehr selbstbewusste Hündin, die für jeden Spaß zu haben war. Du warst Queen Moidi – meine Kameradin zum Pferde stehlen.

Im Training warst du so kreativ, dass du meine eigenen Unzulänglichkeiten ausgeglichen hast. Jedes neue Hundehobby, das ich ausprobieren wollte, fand bei dir Spaß und großen Anklang.

Beim Spazieren gehen gab es keinerlei Grenzen. Lag ein Baumstamm im Weg, gab es keinerlei Diskussion, ob du vorbei, oder darunter durch flitzen würdest. Du musstest stets darüber springen. Du hast in den Gärten unserer Freund:innen umgegraben, zwei Standbeine und ein Bein zum Graben waren dabei völlig ausreichend.

Wenn du begonnen hast, im Kreis zu rasen und dabei gegebenenfalls Stiegen hinunter zu springen, habe ich mir stets die Hände vor die Augen gehalten.

Es gab nur wenige Hunde, die du in dein Herz geschlossen hast und ich habe gelernt, diesen Teil an dir richtiggehend zu schätzen. Mit deinen Hundefreund:innen warst du immer entspannt und freundlich und du hast deinen kleinen Whippetbruder sehr gern gehabt.

Deine Kommunikation war stets klar und es war ganz einfach herauszufinden, was du magst und was nicht.

Moidi, mein Powerweib – wir können uns alle so viel von dir abschauen

Es gibt keinen Tag, an dem du dich nicht über irgendetwas wie verrückt gefreut hast. Man konnte dich richtig lachen sehen, wenn du  übermütig in die Leine gebissen hast. Der Teufel ist dir in den Nacken gekrochen, wenn du am Weg zum Auto deinem Hundebruder ins Genick gesprungen bist. Er konnte das übrigens nie leiden, aber das weißt du ja.

Negative menschliche Emotionen konnten dir nichts anhaben. Üble Laune, Unglück, Zweifel oder Schmerz sind an dir abgeprallt. Du hast immer nur die Sonnenseiten gesehen und schlechte Stimmung hast du mit deiner fröhlichen Art einfach verpuffen lassen.Du hast dich von nichts und niemandem begrenzen lassen. Kein Berg war dir zu hoch, kein Meer war dir zu tief und wenn der Weg dann doch zu weit war, hast du darum gekämpft, keine Hilfe anzunehmen.

Selbst am Tag deines Abschiedes hast du noch vergnügt auf einem abgelutschten Tennisball herum geknautscht.

Drei Beine als Hindernis

Dass du nur drei Beine hattest, war dein größtes Handicap. Nicht, weil du nicht ohnehin auch all das getan hast, was auch alle anderen Hunde machen, sondern genau deswegen. Ich kann mich an keine Situation erinnern, in der du nicht genau das getan hast, was auch alle anderen Hunde tun wollten.

Du warst oft sehr verstimmt, wenn ich dir Hilfe angeboten habe.

Der Versuch, dich in einem Wagen mitzunehmen, damit du auch längere Wanderungen mit uns machen kannst, ist kläglich gescheitert. Unterstützung, ob durch einen Wagen, eine Trageschlinge oder von mir getragen zu werden, hast du gehasst. Einen besseren Ausdruck gibt es für deinen wütenden Unmut, wenn du an dir selbst gescheitert bist, nicht.

Bis auf diese Behinderung – die du nicht als solche gesehen hast – warst du der gesündeste Hund, den ich kenne. Du warst mit einem Saumagen ausgestattet. Zum Geburtstag gab es traditionell ein Kebap und durch geschicktes Betteln hast du dich durch die ganze Palette menschlicher Kulinarik gearbeitet.

Deine drei Beine, und die damit verbundene Fehlbelastung über 14 Jahre, sind uns am Ende zum Verhängnis geworden.

Es war Zeit, Abschied zu nehmen

Meine größte Angst war es,  nicht das Richtige zu tun oder den Zeitpunkt für deinen Abschied falsch zu wählen. Die letzten Tage waren von Ambivalenz geprägt.

Draußen konntest du dich ohne Hilfe nicht mehr auf den Beinen halten, ich habe dich hinausgetragen und wir sind nicht mehr weiter als bis zum ersten Baum gekommen. In der Wohnung war es – mithilfe vieler Teppiche – möglich, dass du halbwegs von A nach B gekommen bist. Zum Betteln natürlich, um mir Käse und Popcorn abzuluchsen, oder sogar mit einem Tennisball zu spielen.

Wer später bremst, ist länger schnell.

Dich – deren Lebensmotto „wer später bremst, ist länger schnell“ gelautet hat – leiden zu lassen, war jedoch schlicht keine Option mehr. Schmerzmittel haben nicht das gewünschte Resultat gebracht, deine gesamte Hinterhand war nach 14 Jahren auf drei Beinen schlicht zu erschöpft, um noch weiterzumachen.

Ich habe dich gehen lassen. Im Kreis lieber Menschen, die dich und mich gehalten und unterstützt haben, habe ich Abschied von dir genommen. Du hattest Krakauer zwischen den Zähnen, als du dicht an mir eingeschlafen bist. Wir haben dich im Burgenland, wo auch schon ein paar andere geliebte Fell-Familienmitglieder liegen, der Erde übergeben. Mit Reisigzweigen, Rosmarin und deinem Ball haben wir dich auf die Reise geschickt.

Hausmeisterin gesucht

„Im Hundehimmel wird noch eine Hausmeisterin gesucht“, hat eine deiner größten Fans gesagt, als sie dich zuletzt gesehen hat. Ich weiß, du wirst dieser Aufgabe hingebungsvoll nachkommen. Wenn du das Zepter dort in die Pfote nimmst, wird niemand unkommentiert den Hunde-Pausenhof betreten. Du wirst rüpelhaftes Verhalten ahnden, oder auch anmerken, wenn ein Hund es wagt auf die falsche Art und Weise zu atmen.

Und ich kann dir eines versprechen, meine kleine Amazone. Es gibt an diesem wundervollen Ort nichts – und ich meine damit absolut gar nichts – das du dir nicht zu essen bestellen kannst. Die Kulinarik-Abteilung erwartet deine Ankunft schon lange und ist vorbereitet, dir jeden Wunsch von der Nase abzulesen.

Der Abschied ist bittersüß

 

 

Mateja, mein wundervolles Zauberwesen. Ich habe dich so lieb gewonnen, dass ich dachte, es würde meine Seele zerreißen, wenn ich Abschied von dir nehmen muss.

Meine Welt liegt in Scherben, doch ich bin viel weiter als vor neun Jahren, als deine erste Schwester gestorben ist. Damals war mein Leben nur noch schwarz-weiß, ich habe keine Farben mehr gesehen. Ich konnte mich kaum um mich selbst kümmern und habe doch versucht, alle Anderen zu beruhigen.

Dieses Mal ist es anders. Ich habe mich nur auf dich und auf mich konzentriert und deshalb kann ich das Licht sehen, das sich in all den Scherben bricht. In jeder Situation konnte ich wahrnehmen, wie achtsam die Personen, die ich in unsere Nähe gelassen habe, mit dir und mit mir waren. Ich konnte mich sogar an der Sonne freuen, die den ganzen Tag für dich gescheint und mein gebrochenes Herz gewärmt hat.

Ganz viele Menschen haben an dich gedacht und haben das telefonisch, in Nachrichten, in Umarmungen und Nachfragen zum Ausdruck gemacht. Ich denke, deine ungestüme, liebevolle Art zu leben hat viele Menschen berührt und verzaubert. Auch die Vielzahl deiner Spitznamen zeugt davon.

Du wirst für immer bei mir sein

Mich hast du nicht nur berührt. Dir dabei zuzusehen, wie du dein Leben  ohne jede Zurückhaltung und mit Hingabe gelebt hast, ist ein Privileg.

Du hast mein Leben mit deiner fröhlichen und liebevollen Art geprägt. Und du hast es verändert und damit meine Sicht auf so viele Dinge mit gestaltet.

Auch wenn du mich nun beim Essen nicht mehr mit kugelrunden Augen anflehst, dir etwas abzugeben, bist du nicht fort. Selbst, wenn du keinen Unfug mehr machst, oder wenn mein Herz stehen bleibt, weil du wilde Stunts vollführst, kann ich dich in meine Nähe spüren.

Ich habe dich gehen lassen, meine Queen Moidi, aber du bist bei mir. Du bist für immer ein Teil meiner Seele, du bist für immer ein Teil meines Herzens.

Wer nie einen Hund gehabt hat, weiß nicht, was Lieben und Geliebtwerden heißt.

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